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Bundesverwaltungsgericht pfeift Preisüberwacher zurück

Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1123/2019 und A-1070/2019 vom 14. August 2020

Im Frühjahr 2018 verpflichtete die eidgenössische Zollverwaltung zwei schweizerische Spediteure, bei bestimmten Wareneinfuhren das Verfahren der vereinfachten Zollanmeldung anzuwenden. Das Verfahren der vereinfachten Zollanmeldung ist insbesondere bei sogenannten KEP-Diensten weit verbreitet, also dort wo grosse Mengen von Kleinstsendungen insbesondere für Konsumenten (v.a. Bestellungen aus dem Online-Handel) eingeführt werden. Dort macht die Anwendung des vereinfachten Verfahrens ablauftechnisch und finanziell auch Sinn. Bei Spediteuren, die nur wenige grössere Sendungen und dies meist für gewerbliche oder industrielle Kunden, einführen lohnt sich der finanzielle Aufwand einer Umstellung auf dieses Verfahren jedoch nicht.

Die Zollverwaltung stützte sich bei ihrem Vorgehen auf Artikel 105b der Zollverordnung welcher der Zollverwaltung vorschreibt, dass sie einen zugelassenen Empfänger per Verfügung verpflichten müsse, die vereinfachte Zollanmeldung einzuführen, wenn der Preisüberwacher ein “unverhältnismässig hohes Entgelt” feststellt und deshalb den Erlass einer solchen Verfügung beantragt.

Zwei Spediteure sind, vertreten durch ThomannFischer, gegen die entsprechenden Verfügungen der Zollverwaltung vorgegangen und haben unter anderem die Verfassungsmässigkeit von Art. 105b Zollverordnung infrage gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte nun die Ansicht dieser beiden Spediteure, dass das Zollgesetz keine genügende gesetzliche Grundlage für konsumentenschützerische Eingriffe darstelle, womit die Bestimmung von Art. 105b Zollverordnung sich auf keine genügende Delegationsnorm in einem Gesetz stütze. Die Bestimmung wurde somit als verfassungswidrig angesehen und nicht angewendet, womit auch die Verfügung der Zollverwaltung aufzuheben war.

Kommentar:

Dieses Urteil ist zu begrüssen. Das Zollrecht darf nicht für Anliegen des Preisüberwachers missbraucht werden. Dies hat das Bundesverwaltungsericht unmissverständlich festgehalten.

Dies muss aber erst recht gelten, wenn man sich einen weiteren Umstand vor Auge führt: Da die Zollverwaltung, und nicht der Preisüberwacher, die streitigen Verfügungen erlassen hat, wären die Handlungen des Preisüberwachers (und insbesondere die angebliche Feststellung des “unverhältnismässig hohen Entgelts”) gar nie überprüfbar gewesen. Es wäre rechtsstaatlich nicht vertretbar, dass der Preisüberwacher im rechtsfreien Raum agiert indem er der Zollverwaltung verbindliche Anweisungen gibt, die von der Zollverwaltung zu befolgen sind, ohne dass dabei die der Anweisung zugrunde liegenden Erkenntnisse und die Vorgehensweise des Preisüberwachers je überprüft werden könnten. Das Eingreifen des Bundesverwaltungsgerichts war auch aus diesem Grund richtig und notwendig.

Beitrag veröffentlicht am
16. Oktober 2020

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