Grenzüberschreitende Erbfälle - Revision des IPRG
Am 14. Februar 2018 hat der Bundesrat eine Vernehmlassung zur Revision des IPRG auf dem Gebiet des Erbrechts eröffnet.
Das Vorgehen des Bundesrates ist zu begrüssen. Gerade im Bereich der internationalen Zuständigkeiten weist das IPRG Schwächen auf, die mit der Revision zumindest teilweise behoben werden können.
Auf dem Gebiet des grenzüberschreitenden Erbrechts ist ein Blick auf die Landkarte ausreichend, um zu erkennen, dass sich Schweizer Bürgerin/-innen in erbrechtlichen Belangen häufig auch mit Fragestellungen zum Erbrecht der EU-Mitgliedstaaten konfrontiert sehen. Die EU-Mitgliedstaaten (ausgenommen Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich) haben die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 (EU-Erbrechtsverordnung) ins Leben gerufen. Die EU-Erbrechtsverordnung sieht Regelungen zur Harmonisierung und damit rechtlich eindeutigen Bestimmung der Zuständigkeiten in grenzüberschreitenden Erbfällen innerhalb der EU vor.
Es ist in Erbfällen mit grenzüberschreitenden Fragestellungen evident, dass es regelmässig zu Kompetenzkonflikten und widersprechenden Entscheidungen zwischen dem jeweiligen EU-Mitgliedstaat und der Schweiz kommt.
In der Schweiz richten sich Zuständigkeit und anwendbares Recht nach dem IPRG. Der Bundesrat nutzt nun die Rechtsvereinheitlichung innerhalb der EU, um im Rahmen einer Revision des IPRG auf dem Gebiet des Erbrechts eine Anpassung an gewisse Regelungen der EU-Erbrechtsverordnung und damit an die überwiegende Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten vorzunehmen. Aus Schweizer Sicht kann nun im Bereich des internationalen Erbrechts eine Rechtssicherheit in Bezug auf diese Staaten mit nur einem Schritt geschaffen werden, ohne das wie bisher die Einführung einzelner, auf die EU-Mitgliedstaaten spezifisch abgestimmter, Regelungen notwendig ist.
Damit werden Kompetenzkonflikte minimiert, widersprechende Entscheidungen zwischen einem EU-Mitgliedstaat und der Schweiz reduziert und damit eine Rechts- sowie Planungssicherheit für Schweizer Bürger/-innen mit Bezug zum EU-Ausland - sei es aufgrund des letzten gewöhnlichen Aufenthalts oder aufgrund in der EU belegener Vermögenswerte - geschaffen.
Gemäss Vernehmlassung des Bundesrates erfolgt die Anpassung insbesondere durch Änderung ausgewählter Artikel des 6. Kapitels des IPRG zur Zuständigkeit und zum anwendbaren Recht. An Stellen, an denen keine zwingende Regelung aus Schweizer Sicht besteht oder diese nicht mehr zeitgemäss erscheint und gleichzeitig der Regelungsgehalt der entsprechenden Lösung der EU-Erbrechtsverordnung mit dem Regelungsgehalt des IPRG übereinstimmt, wird daher eine (teilweise) Harmonisierung angestrebt.
Für Privatpersonen in der Schweiz hätte dies bei Inkrafttreten des revidierten IPRG insbesondere folgende praktische Auswirkungen:
Ausländische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Schweiz können ihr im Heimatstaat belegenes Vermögen oder auch den ganzen Nachlass der Zuständigkeit als auch dem Recht ihres Heimatstaates unterstellen.
Gleiches gilt auch für Schweizer Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt oder Wohnsitz im Ausland.
Dabei muss die entsprechende Staatsbürgerschaft auch nur noch im Zeitpunkt der Rechtswahl vorliegen. So wird auch bei Testamenten auf diesen Zeitpunkt abgestellt. Der spätere Verlust der betreffenden Staatsbürgerschaft schadet der Rechtswahl nicht.
Zusammengefasst ist festzustellen, dass eine gezielte Koordination der gegenseitigen Entscheidungskompetenzen durch Anpassung der Zuständigkeits- und Anerkennungsregeln sowie der Angleichung des von den zuständigen Behörden anzuwendenden Rechts erfolgt.
Schliesslich bezweckt die Revision auch die Vornahme notwendiger Änderungs-, Ergänzungs- und Klarstellungsbedürfnisse im 6. Kapitel des IPRG, die sich seit Inkrafttreten des IPRG im Jahr 1989 ergeben haben.